Das war vermutlich nicht das letzte Urteil zu "Büdingen":

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gab der Beschwerde der Stadt und von Bauherr Buff mit Urteil vom 23.7. Recht und hebt den Baustopp und den Freiburger Entscheid vom Februar auf.

Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg v. 23.7.2019 erfolgte im sog. „einstweiligen Rechtsschutz“. Ein solches Eilrechtsschutzverfahren lässt, wie das VGH mehrfach im Urteil betont, keine endgültigen Aussagen oder sicheren Einschätzungen zu. Hierzu zählt u.a., dass das VGH nicht die baurechtliche Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit dem Bebauungsplan erörtert. Stattdessen beschäftigt sich der VGH vorrangig mit der Frage des Nachbarschutzes. Dieser stellt die Grundlage der Einspruchsberechtigung der Anwohner gegen die Baugenehmigung v. 10.9.2018 dar.

Die Festlegung der maximalen Bauhöhe im Bebauungsplan v. 1987 hatte die Vorinstanz in Freiburg in ihrem Urteil v. 19.2.2019 als nachbarschützend bewertet. Das VGH stellt nun in seinem aktuellen Urteil diese Beurteilung gänzlich in Frage. Laut VGH müsse sich eine nachbarschützende Wirkung „mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Textteil oder der Begründung des Bebauungsplans oder aus sonstigen verlautbarten Absichtsbekundungen … ergeben“. Da dies laut VGH im Bebauungsplan v. 1987 nicht erkennbar sei, habe dieser keine nachbarschützende Wirkung. Als Konsequenz aus diesem VGH Urteil wären Bebauungspläne im Rahmen des Nachbarschutzes nur noch angreifbar, wenn in diesen die nachbarschützende Wirkung bestimmter Vorgaben wie Bauhöhe, Bauvolumen, etc. ausdrücklich erwähnt sind. Damit würden die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme des Nachbarschutzes und der gleichzeitigen Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung weitgehend unterbunden.

Diese Sichtweise des VGH steht aber in offenkundigem Widerspruch zu einer aktuellen Entscheidung des höherrangigen Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) v. 9.8.2018 (Az. 4 C 7.17). In dieser vertritt das BVerwG zum Thema Nachbarschutz eine deutlich anwohnerfreundlichere Linie. Es bleibt daher abzuwarten wie eine Klage vor der nächst höheren Instanz ausgehen wird.

Im Ganzen zeigt sich in der Entscheidung des VGH der Versuch, die nachbarlichen Interessen nach der Seite ihres Angrenzens voneinander zu trennen, was insbesondere bei umfangreichen Großvorhaben auf einem 4 Hektar großen Grundstück wie dem streitgegenständlichen nicht sachgerecht ist. Außerdem schraubt der VGH die Anforderungen an den Nachbarschutz von Bebauungspläne so hoch, dass es praktische kaum mehr möglich sein dürfte, selbst bei gravierenden Abweichungen von Bebauungsplänen nachbarschützende Ansprüche geltend zu machen. Damit werden die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme des Nachbarschutzes und der gleichzeitigen Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung weitgehend aufgelöst. Bebauungspläne sinken auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zu nur noch sehr allgemeinen, im Übrigen aber weitgehend unverbindlichen Vorgaben herab, an die die Baugenehmigungsbehörden sich halten können, wenn ihnen dies opportun erscheint. Angrenzer-Beanstandungen werden vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung jedoch weitgehend unmöglich.

Der Bebauungsplan von 1987. Die Festlegungen hierin sind bis heute verbindlich für die Stadt und den Investor. Das kümmert beide aber nicht…


Und hier den vollständigen Text zum Sachverhalt (Einschätzung des Mannheimer Urteils)

Hier können Sie das Urteil im Wortlaut nachlesen.